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Von jungen Entdeckern und Marktführern

Wie sich ein Start-up, ein Mittelständler und ein großer Konzernbetrieb voneinander unterscheiden
Veröffentlicht am 07.11.2018

Wie sich ein Start-up, ein Mittelständler und ein großer Konzernbetrieb voneinander unterscheiden.

Der Outdoor-Ausrüster Vaude hat seinen Stammsitz in Obereisenbach bei Tettnang. | Bild: Susanne Hogl

 

Worin unterscheidet sich die tägliche Arbeit, wenn man in einem ausgesprochen übersichtlichen kleinen Start-Up-Unternehmen arbeitet, bei einem mittelständischen Familienunternehmen, oder in einem weltweit agierenden Konzern? Wir haben uns bei den vier Studenten vom Fruchteishersteller „froobie“ in Markelfingen umgehört, wollten wissen, was das Arbeiten beim Outdoor-Ausrüster „Vaude“ in Obereisenbach bei Tettnang besonders macht und wo die Vorzüge eines großen, weltweit agierenden Konzerns in Familienbesitz wie dem Käsehersteller „Hochland“ in Heimenkirch im Allgäu liegen.

 

Das Start-up

Es begann mit der Leidenschaft von vier Studenten aus Konstanz mit ihrer Lust auf Eis. „Wir waren vier Studenten und jeder von uns liebt Fruchteis. Wir wollten etwas andere Sorten herstellen und sehen unser Eis als Smoothie am Stiel. Unser Eis ist kein Wassereis, wie oft irrtümlich gesagt, sondern der Fruchtanteil liegt bei 40-60 Prozent, dazu kommt noch Wasser und Agavendicksaft“, erklärt der 27-jährige Student der Wirtschaftswissenschaften Leonard Thielmann. Seit eineinhalb Jahren gibt es die kleine Eisproduktion jetzt in Markelfingen. „In unserem ersten Jahr hatten wir etwas Pech mit dem Wetter, aber der Sommer 2018 war einfach genial, schwärmt Leonard Thielmann. Neben Thielmann, gehören noch die beiden Architekturstudenten Saskia Beck und Gero Leis zum Team und Lisa Karrer, die inzwischen ihr Lehramtsstudium beendet hat und als Referendarin arbeitet.

Die Erfinder von „froobie“: Lisa Karrer, Gero Lins, Saskia Beck und Leonard Thielmann –
testen und erfinden ihre Fruchteissorten natürlich selbst (von links nach rechts). | Bild: froobie

 

„Im Gründungsjahr hat von uns jeder alles gemacht, von der Produktion, über den Eisverkauf, bis hin zur Buchhaltung und der Entwicklung von neuen Eissorten“, erinnert sich Thielmann. Zuerst war das Team mit einem Lastenfahrrad in den Konstanzer Bädern und Parks unterwegs, inzwischen hat sich einiges geändert. „Wir haben rasch gemerkt, dass Strukturen Sinn ergeben und auch eine gewisse Arbeitsaufteilung vieles erleichtert“, so der Student.

Das Start-up "froobie" aus markelfingen produziert und vertreibt Fruchteis.
Gründer und Inhaber der Eismanufaktur sind vier Konstanzer Studenten. | Bild: froobie

 

„Wir sehen froobie nicht als Kurzprojekt, sondern wollen auf Dauer zumindest teilweise davon leben können. Derzeit fließt der überwiegende Teil unserer Einnahmen noch in die Produktion zurück und wir werden am Jahressende schauen, was für jeden von uns übrig bleibt“, so der BWL-Student. Inzwischen beliefert Froobie etliche Gastronomiebetriebe in Konstanz, Radolfzell und Meersburg, doch der Radius soll noch erweitert werden. „Wir werden den Winter nutzen, um neben neuen Eissorten auch Ideen für den Vertrieb und den Transport unserer Produkte zu überlegen“, sagt Leonard Thielmann.

 

 

Der Mittelständler

Nicht vier wie beim Start-up „Froobie“, sondern rund 500 Mitarbeiter sind am Firmensitz in Obereisenbach bei Tettnang für das Familienunternehmen Vaude beschäftigt. Eine davon ist Bettina Roth, die bei dem vielfach ausgezeichneten Outdoor-Ausrüster als Leiterin des Qualitätsmanagements tätig ist. Bevor sie vor sieben Jahren zu Vaude kam, war sie in großen, weltweit agierenden Automobilkonzernen beschäftigt und hat damit den direkten Vergleich, was die unterschiedlichen Arbeitsstrukturen angeht. „Am Anfang habe ich schon etwas gefremdelt, da ich so flache Hierarchien, wie es sie bei Vaude gibt, nicht kannte“, gesteht Roth.

Der Outdoor-Ausrüster Vaude hat seinen Stammsitz in Obereisenbach bei Tettnang. | Bild: Susanne Hogl

 

Inzwischen kann sie sich aber gar keinen anderen Arbeitgeber mehr vorstellen und schätzt das von Antje von Dewitz geführte Unternehmen sehr. „Bei uns steht nicht Gewinnmaximierung im Vordergrund, Ideen dürfen auch mal Geld kosten ohne unmittelbaren Gewinn“, so Roth. Sie findet es auch gut, dass in der Firma alle per Du sind und die Chefin in der hauseigenen Biokantine ganz selbstverständlich mit am Tisch sitzt wie der Azubi.

„Es gibt eine sehr offene Gesprächskultur, jeder darf jedem seine Meinung sagen und auch Vorschläge einbringen“, sagt Roth. Anfänglich hatte sie Probleme damit, dass bei großen Meetings wirklich jede Meinung zählte und immer wieder diskutiert wurde. „Ich kannte es von den großen Unternehmen nur so, dass nach einer gewissen Zeit des Gesprächs der Chef einfach bestimmte und sagte, so machen wir es jetzt“, erinnert sich die Qualitätsmanagerin. Sie gesteht gerne ein, dass sie sich in ihrer Laufbahn noch nie so mit einem Arbeitgeber identifiziert hat und das Unternehmen auch sie selbst verändert hat. „Das Thema Nachhaltigkeit spielt plötzlich auch im privaten Leben eine wichtige Rolle. Ich denke mehr über Konsumverhalten nach, überlege mir Flugreisen und versuche auch mal mit dem Rad zu kommen, selbst wenn ich mehr als eine Stunde brauche“, so Roth. Sie ist nach eigenen Angaben stolz darauf, bei Vaude zu sein und kann sich eine Rückkehr in einen großen Konzern nicht mehr vorstellen.

 

 

Der Konzern

Schon optisch dominiert der Käseproduzent Hochland den beschaulichen Ort Heimenkirch im Allgäu. Seit über 90 Jahren ist Hochland ein inzwischen in acht Ländern agierender familiengeführter Konzern. Der 39-jährige Jochen Bantel ist stolz darauf, bei Hochland einen verlässlichen Arbeitgeber gefunden zu haben. „Ich bin seit fünf Jahren bei Hochland und habe hier als Arbeiter angefangen und konnte dann eine sogenannte Spätlehre als Milchtechnologe absolvieren. Die Ausbildung war sehr anspruchsvoll, aber ebenso interessant“, erzählt Bantel.

Der Käsehersteller Hochland dominiert optisch den beschaulichen Ort Heimenkirch im Allgäu.
1200 Menschen arbeiten für den familiengeführten Konzern in Heimenkirch. | Bild: Hochland

 

Zu Hochland kam der Allgäuer, weil ihm sein Beruf als Koch zwar Spaß machte, aber die Arbeitszeiten schwer mit dem Familienleben zu vereinbaren waren. „Hier ist es das erste Mal in meinem Berufsleben so, dass ich nach acht Stunden auch wirklich heimgehen kann, auch wenn es noch Arbeit gibt“, sagt Jochen Bantel.

Seiner Ansicht nach ist es in einem großen Unternehmen einfacher, intern weiterzukommen. „Jedes Jahr gibt es für Spätlehrlinge zwei Ausbildungsstellen, da habe ich mich beworben und trotz der Ausbildung, die mir dann sogar auf zwei Jahre verkürzt worden ist, mein Gehalt als Arbeiter weiter erhalten“, freut sich der 39-jährige. Obwohl Hochland ein großes Unternehmen ist, sei es für ihn jederzeit möglich, auch Kontakt zur Geschäftsleitung aufzunehmen. „Bei uns kann jeder Ideen einbringen und wir bekommen sogar eine Rückmeldung, warum unsere Idee nicht realisiert werden kann“, sagt Bantel.

Jochen Bantel arbeitet als Milchtechnologe beim weltweit agierenden
Käsehersteller Hochland in Heimenkirch. | Bild: Susanne Hogl

 

Spaß machen ihm auch die regelmäßigen Teammeetings und die Möglichkeiten sich weiterbilden zu können. „Hochland hat viel Geld investiert in mich und das gebe ich gerne zurück und ich kann sogar noch Meister werden“, erklärt Bantel nicht ohne Stolz.

 

 


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